Zwei Dinge sind klar. In Berlin wird mehr (bezahlbarer) Wohnraum benötigt. Und: Es kann nicht munter so weitergebaut werden wie bisher. Denn die Rufe nach CO₂-Einsparungen und klimafreundlichen Alternativen zu herkömmlichen Herangehensweisen werden lauter und sind berechtigt. Und sie betreffen nicht zuletzt den Bausektor. Doch welche Lösungsansätze gibt es für ein klimafreundliches und nachhaltiges Bauen in der Hauptstadt?
Es wird eng. Und das nicht nur durch mangelnden Wohnraum, sondern auch bezüglich der Klimaziele
Daher muss Bauen neu und vor allem nachhaltig gedacht werden – auch in Berlin.
Einer Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2018 zufolge ist der Bausektor in Deutschland für rund 16 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das ist ein erschreckend hoher Anteil. Damit spielt der Bausektor zwar nicht in den Dimensionen der ganz Großen wie Energieerzeugung und Verkehr mit, hält aber einen nicht zu unterschätzenden Anteil an schädlichen CO2-Ausstoß. Um unsere gesetzten Klimaziele zu erreichen und auch für zukünftige Generationen gesunde (Lebens-)Räume zu hinterlassen, ist ein nachhaltiger Ansatz beim Bauen erforderlich.
Potsdamer Straße 124-126 – nachhaltiges Bauen in der Praxis
Das klingt ja alles gut und schön, bleibt die Frage, ob derartige Konzepte in der Praxis umsetzbar sind. Die BoB Immobilien GmbH unter Geschäftsführer Till Kalähne zeigt mit ihrem Konzept zur Potsdamer Straße 124-126, wie es funktionieren kann. Dabei gilt für das Unternehmen folgender Ansatz: „Verbesserter Komfort und Produktivität in einer umweltfreundlichen, lebenswerten Umgebung, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner zu maximieren.“
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde schon vor der Planung das Grundgerüst für die nachhaltige Gebäudegestaltung gelegt. Denn es wurde zunächst eine umfassende Klimastudie für den Lageplatz des Gebäudes in Auftrag gegeben. Die Studie hatte zum Ziel, herauszufinden, auf welche Weise am besten erneuerbare Energie aus der Sonneneinstrahlung auf die Gebäudeoberfläche zu erhalten ist. Die fachliche Expertise wurde dann bei der bauphysikalischen Simulation und den Entwurfsentscheidungen berücksichtigt. Dieser Ansatz ermöglicht es, im Betrieb des Gebäudes den Energieverbrauch deutlich zu senken. Durch die Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen in der Potsdamer Straße 124-126 kann zudem der Komfort in Bezug auf Tageslichtnutzung bei gleichzeitiger Stromeinsparung und Temperatur mitgedacht werden. Die ideale Ausrichtung des Gebäudes erhöht die Erzeugung erneuerbarer Energie durch die effektive Installation von Photovoltaikanlagen an der Fassade und auf dem Dach.
Neben der Klimastudie setzt das Projekt auf Pläne, die eine nachhaltige Bauweise berücksichtigen. Als Ausgangsmaterial werden kohlenstoffarme Holzbetonverbundstoffe in ein bestimmtes Design geformt. So kann auf bestehende Baumasse aufgebaut werden, anstatt diese abzureißen. Grünflächen und Gemeinschaftsgartenbereiche sorgen für Erholungsmöglichkeiten im Freien und eine lebendige Atmosphäre.
Sobald das Gebäude in Betrieb ist, greifen zusätzliche nachhaltige Strategien. So soll nicht nur das Gebäude vollständig mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Die gebäudeeigenen Energieanlagen sollen auch den Energiehaushalt der umliegenden Nachbarschaft unterstützen.
Weitere Ideen beinhalten die Verringerung des Verbrauchs von Trinkwasser durch die Verwendung von Regenwasser für die Toilettenspülungen und automatische Sensoren in den Fluren, die den Stromverbrauch in den Gemeinschaftsbereichen verringern. Das mögen Details sein, doch langfristig machen sie sich bemerkbar und unterstützen das Gesamtziel des nachhaltigen Gebäudes.
Wie funktioniert nachhaltiges Bauen?
In der Potsdamer Straße soll ein umfassendes nachhaltiges Bauprojekt mitten in der Stadt umgesetzt werden.
Wie das Praxisbeispiel zeigt, gibt es mittlerweile kluge Ansätze, die ein nachhaltiges Bauen ermöglichen. Grundsätzlich wird beim Bauen mit nachhaltigen Strategien darauf abgezielt, die Zerstörung von Umwelt und Klima durch die Konstruktion an sich zu reduzieren. Ganz konkret geschieht dies beispielsweise durch die Auswahl von Baumaterialien mit einem geringen Kohlenstoffgehalt. Auch beim intelligenten Bauen, das zu einer effizienteren Verwendung von Abfallstoffen führt, wird mehr Nachhaltigkeit erreicht.
Im Idealfall haben nachhaltig errichtete Gebäude zudem einen positiven Einfluss auf Umwelt und Klima. So können sie die Biodiversität fördern oder mittels Solarzellen auf dem Dach erneuerbare Energien erzeugen. Diese sind nicht nur für die Umwelt gut, auch die Hausbewohner profitieren ganz direkt.
Das nachhaltige Bauen ruht auf drei Säulen:
- Nachhaltige Konstruktion: Von den ersten Planungsansätzen an wird die Klimaverträglichkeit mitgedacht. Entsprechend werden die Materialien ausgewählt und das Abfallmanagement organisiert. Moderne Technologien helfen dabei, Herausforderungen und Anforderungen, die durch Lage und Gebäudetyp entstehen, zu berücksichtigen.
- Freiflächen einplanen: Auch beim Bauen in städtischem Gebiet werden öffentliche Flächen eingeplant. Diese können beispielsweise eine urbane Landwirtschaft ermöglichen, die Biodiversität in der Stadt fördern und Erholungsmöglichkeiten bieten. Sinn und Zweck ist die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Natur- und Gebäudeflächen.
- Nachhaltig wirtschaften: Bei der dritten Säule geht es vor allem um eine nachhaltige Energiewirtschaft. So können passive Methoden zur Heizung und Kühlung eingebaut werden. Entsteht ein Energieüberschuss, können mit dessen Hilfe darüber hinaus Regenwasser und gebrauchtes Wasser aufbereitet werden.
Jede dieser Säulen ist aus Gründen der Nachhaltigkeit wichtig, berücksichtigt zudem aber auch wirtschaftliche und soziale Aspekte. Bei der Mitplanung von Freiflächen beispielsweise ist nicht zuletzt der soziale Aspekt durch die gemeinschaftliche Nutzung oder gar Gemeinschaftsprojekte im Fokus.
Nachhaltig bauen ist nicht zuletzt eine Kostenfrage
Nachhaltig bauen ist wichtig. Und das Beispiel der Potsdamer Straße 124-126 verdeutlicht, dass im Bausektor einiges möglich ist, um Projekte umwelt- und klimafreundlich umzusetzen. Doch allein Klimastudien sind aufwändig und zeitintensiv. Und Zeit ist bekanntlich Geld – auch und vor allem in der Baubranche.
Daher erfordert ein nachhaltiges Bauen deutlich mehr finanzielle Unterstützung in der Bau- und Planungsphase als konventionelle Bauprojekte. Der Vorteil von nachhaltigen Ansätzen ist allerdings langfristig gedacht und macht sich langfristig bezahlt – nicht nur durch die Einsparung an Energiekosten. Denn die Kosten, die der menschengemachte Klimawandel mit sich bringt, sind enorm. Und ja, ein einziges nachhaltiges Gebäude wird die Welt nicht retten bzw. die Klimaerwärmung nicht aufhalten, aber es gilt, ein Umdenken einzuleiten, um die richtige Richtung einzuschlagen.
Somit steht fest: Die Praxis des nachhaltigen Bauens ist eine grundlegende Investition, um die durch menschliche Aktivitäten verursachten Umweltschäden zu reduzieren und bestehende Gebäude langfristig nutzbar zu machen.
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit unserer externen Redakteurin Elena Brandes entstanden.